Es gibt Eltern an der Schwabschule, die selbst einmal Schüler unserer altehrwürdigen Einrichtung waren. Wir hatten dazu aufgerufen, doch selbst einmal zu stöbern, ob sich nicht was findet. Und siehe da: Die Vergangenheit lebt nicht nur in unseren Köpfen, sondern tritt gelegentlich wieder hervor.
Einer der Ehemaligen ist Jürgen Weiss, der in dritter Generation ein Umzugsunternehmen im Stuttgarter Westen betreibt. Vom Dachboden hat er seinen Schulranzen mitgebracht, einen echt ledernen viereckigen Kasten, der heutigen Anforderungen an Ergonomie bestimmt nicht mehr entsprechen dürfte. Ein paar Sachen von seiner Schwester Christel hat er gleich mit eingepackt.
Die heutige Elterngeneration wird sich aber noch gut an die Zeit erinnern, als man schon froh war wenn der Schulranzen leuchtende Katzenaugen hatte und bunte Aufkleber das triste Äußere etwas aufpeppten. Kein Vergleich zu heute. Immerhin, das auf dem Großbild ersichtliche Buch „Die Welt der Zahl“ gibt es auch heute noch mit gleichem Titel. Es scheint sich um eine erfolgreiche Buchreihe zu halten. Kontinuität im Wandel. Das werden wir noch häufiger bemerken.
Das gute Stück wäre aber noch heute zu benutzen.
Steigen wir doch gleich einmal ein in die wonnige Kinderzeit: Wo Peter noch der Lausbub ist, auch beim Rechnen, wo ein Uwe natürlich Fußball spielt, Rudi noch Lederhosen anhat (hatten wir auch) und ein Klaus irgendwie von der Waterkant hergeschwommen kommt, eine Inge verspielt, eine Ute romantisch, eine Ruth sportlich-elegant und eine Hannah so stylisch aussieht wie aus dem Modemagazin. Die Stereotypen ändern sich mit den Zeiten, das Konzept bleibt.
Man bemerke, dass den Kindern schon das Symbol “ als Stellvertreter für drüberstehenden Text bekannt sein muss. Ist das heute auch noch so? Gleich mal nachfragen. Ein Heft für die erste Klasse.
Aus: Fricke-Besuden, Mathematik für die Grundschule 1, Ernst Klett Verlag Stuttgart, Klett Übungsheft 1. Aufl. 1967, Zeichnungen Rolf Digel, Schreibschrift: Günter Lache
Aber es ging auch schon bunter: Äpfel zählen im heimischen Keller, wo Katz und Maus sich selbst spielen und Weidenkörbe ihrer Bestimmung harren. Weil es damals viele Schüler gab und Geld nicht so üppig vorhanden war, wurden diese Bücher viele Jahre lang benutzt.
Aus: Meine Rechenfibel, Ein Büchlein zum selbsttätigen Erlernen der Rechentätigkeiten von Rudolf Feustel, Bilder: Karl Theodor Netzer, Verlag R. Oldenbourg München-Düsseldorf, ca. 1962, 2. Auflage.
Natürlich wurde auch Lesen gelernt. Alo und Ela waren damals unbekannt, es gab den Rolf, die Suse und den Hans. Zarte Spiele mit dem Ball kündigten die Geschlechterverständigung an, während der jugendliche Lokomotivführer Hans sich der dezenten Bewunderung von Suse sicher sein konnte. Rolf der Dackel verbeißt inzwischen den vorhin noch gespielten Ball.
Aus: Meine Fibel, von Theo Schreiber und Gerhard Velthaus, Buchgestaltung und Illustration: Klaus Winter und Helmut Bischoff, Ernst Klett Verlag Stuttgart, 1. Auflage 1967.
Aber auch die musischen Fächer kamen nicht zu kurz. Ein besinnliches Bild wie aus einer Hummel-Kollektion gemahnte die jungen Schüler an den Ernst der Muse. Deren Leichtigkeit erschloß sich den Schüler wohl nicht so ohne weiteres. Dennoch ein hübsches Büchlein, liebevoll illustriert. Der Verfasser gesteht, dass er kaum ein Zehntel der Lieder dort in Erinnerung hat. Das ist noch optimistisch geschätzt.
Aus: Unser Liederbuch für Württemberg, Schuljahr 1-4, von Gustav Wirsching und Karl Aichele unter Mitarbeit von Hermann Feifel, Ernst Klett Verlag Stuttgart, ohne Jahresangabe, vermutlich vor 1962.
Und was machten die Schüler so? Sie schrieben Hefte voll und klebten heimlich Ausschnitte aus Zeitungen und Anzeigen in ihre Hefte. Das Raumschiff Enterprise ( wer es damals schon sehen durfte) und Dick und Doof waren Gegenstand der Bewunderung. Echte Ikonen jedoch waren die Fußballhelden von – 1974, die Weltmeistermannschaft. Ihre Namen konnte damals jeder auswendig vorbeten. Wenn man sich die Hefte so ansieht: Klasse 4f (!) war damals nichts Ungewöhnliches. Drangvolle Enge in den Zimmern und sechszügige Klassenstufen waren an der Tagesordnung.
Damit endet unser Blick auf einen Schulranzen aus dem Jahr 1974. Wir bedanken uns bei Jürgen Weiss und Christel Weiss für die Teilhabe an ihren persönlichen Erinnerungen.